Sehnsucht nach dem alternativen Urlaub zum “vom-Zivilisations-Stress-runterkommen”
=> nach 2 Nächten Flucht ins All-in-Luxusresort
Eigentlich unglaublich, aber uns ist es passiert. Nach 5monatiger Vorbereitung und Anpassung unserer Tourplanung hatten wir uns schon auf unseren Besuch gefreut. Es hätte uns vorher auffallen sollen, dass unser Besuch, gestresste Helicopter-Mutter mit 2 Pubertieren, eigentlich überhaupt nicht kompatibel zum Bootsleben ist. Um es direkt vorwegzunehmen: Uns trägt genauso Schuld, dass sich dieser Besuch zu solch einem Debakel entwickelt hat.
Die Story:
“Ihr seht immer so tiefenentspannt aus.”
“Was ist euer Geheimnis?”
“Dürfen wir euch besuchen kommen? Ich würde gerne etwas von dieser Entspanntheit mit ins Gepäck für den Alltag mitnehmen.“
Das war der Grund für die Anfrage aus Januar 2023, ob sie uns denn besuchen kommen dürfen.
Ja, uns wurde immer wieder mantramäßig in den Monaten der Vorbereitung versichert, wie seeeehr man sich auf diese neue Urlaubsform freue und dass wir uns bitteschön darauf einstellen sollten, dass sie schließlich mit 2 Pubertieren käme. Mama müsse zwar mit ihren Ängsten kämpfen; sie wolle ihren Kindern aber gerne diesen außergewöhnlichen Urlaub gönnen. Mal weg vom Handy, Sommerspaß im Wasser, neues Sehen und Lernen.
Die Vorbereitung war schon sehr anstrengend für uns. Jemanden durch die Organisation eines Individualurlaubs zu lotsen, der bisher all-inklusive-Buchungen gewohnt ist, ist ganz schön zeit- und nervenraubend. Von all den zu Anfang noch lustigen weiteren Fragen zum Bootsleben abgesehen.
Aber für manche drückt man ja immer ein Auge zu und denkt, das wird schon .
Nachdem unser erwarteter Besuch mitgeteilt hatte, dass man (wegen später Ankunft des Fliegers auf Korfu) bitte nicht im Dunkeln (bei Nacht) mit dem Dinghy zum Ankerplatz fahren mag, schon gar nicht ohne Schwimmwesten, haben wir in der Marina eingecheckt, um ihnen den Start und das Willkommen an Bord so schön wie möglich zu machen.
Wir waren nicht schnell genug mit der Mitteilung unserer Lösung; es wurde ohne Absprache kurzfristig eine “PANIK”-Buchung für ein Hotel gemacht, damit man erst morgens “zum Check-In” kommen braucht.
Wir kamen uns vor wie Personal.
Da ja leider ein Boot schwimmt, also ein Urlaub auf dem Boot was mit Meer und Wasser zu tun hat, hatten wir im Vorfeld zwar mit verständlichen Ängsten von Landratten im Allgemeinen, die erstmalig auf ein Boot kommen, gerechnet und kennen dies ja von vorherigen Gästen. Im Besonderen hatten wir auch schon stundenlange Gespräche/whatsapp-Erklärungen abgegeben. Womit wir nicht gerechnet hatten waren die selbst gemachten Panikattacken und Phobien, die durch Mrs. Helicopter auch auf die Kinder übertragen wurden.
- Das Boot schwimmt im Meer .…., im Mittelmeer gibt es Haie, vor wenigen Tagen sogar einen tödlichen Hai-Angriff in (man höre und staune wie weit das Mittelmeer geht) Hurghada.
- Das Wasser ist salzig und schmeckt nicht, wenn man es in den Mund bekommt, außerdem kleben die Haare und die Haut davon.
- Das Wasser ist zu tief.
- Das Wasser muss türkis sein, wie in den All-Inclusive-Prospekten gezeigt wird
- Die Kabinen sind zu klein.
- Das Klo kann explodieren ????
- Das Boot bewegt sich
- Wölkchen am Horizont ==> Panikattacke Gewitter!
- usw.
Der erste Tag begann also in der sicheren Marina mit Koffer auspacken, Kabinen beziehen, auf dem Boot ankommen. Was direkt zu Beginn bemängelt wurde und uns mitgeteilt wurde: keine Klimaanlage, der “geringe” Platz in Kabine, die kleine extra Dusche und Bad (auf nem 42-Fuß-Kat) wurde mit gekräuselter Stirn zur Kenntnis genommen. Außerdem sind da ja die 3 Bordkatzen; es gibt also Katzenhaare, den Zugang zum Katzenklo (wo schonmal was Katzenstreu rumfliegt) und natürlich die Katzen. Das weibliche Pubertier klärte uns auf, dass sie Angst vor Katzen habe und außerdem diverse Allergien (auch gegen Katzen).
Ja, die Nacht war heiß — es war einer der 3 heißesten Nächte im Juni. Sommer halt! Der Besuch konnte wegen der Hitze nicht schlafen, die Fender zum Nachbarn quietschten an der Be Happy und man konnte durch die Dachluke den schaukelnden Mast des Nachbarbootes sehen. Die dazugehörende Angst: Das Nachbarboot kann umkippen, die Be Happy sinkt. Ooooookkkkeeee.
MarineWC und Dusche an Bord wurden nur höchst ungern genutzt — einfach bäääähhh (?) oder die erklärte Angst, dass Standklos explodieren können. Lieber ging man dann auf die marinaeigene Toilette (die auch nicht den erklärten Anforderungen der Gäste entsprach). Für den Rest der Reise wurde den Kindern dann versprochen, dass Mama das Klo für sie abspült, wenn es ihnen zu eklig sei, ihrem eigenen Aa-Häufchen beim Abpumpen hinterher zu schauen.
Vor Abfahrt am nächsten Morgen sollte die an Bord übliche Sicherheitseinweisung für die Gäste erfolgen. Das jüngere Pubertier schlief noch und sollte auch tunlichst nicht geweckt werden, weil er ja Ferien habe. Sicherheit geht jedoch vor — so erklärte der Kapitän/Skipper und Eigner des Bootes. Und die erfahrenen im Bootsleben wissen, beim Thema Sicherheit hat er Käptn das letzte Wort. Bei diesem Besuch war dies anders: Mrs. Helicopter hat qua Status Mama Overright zum Käptn.
Nach einer Nacht in der Marina zum Eingewöhnen mussten wir aber dann die Marina verlassen. Bei bestem Wetter, 30 Grad C, Wasser 28 Grad, blauer Himmel, Null Wind (Flaute), spiegelglatte See, nicht die kleinste Welle, machten wir uns unter Motor auf, um in einer nahen Bucht zu ankern. Leider, und das geben wir gerne zu, waren durch zuviel Seegrasflächen rund um Korfu und Chartersaison das Finden eines adäquaten Ankerplatzes mühsam. Natürlich blöd für Bootsneulinge, die vielleicht ganz andere Erwartungen an so einen Bootsurlaub haben. Tictoc und Instagram ist ja nicht so wirklich die Abbildung des wahren Lebens eines Liveaboards.
Unterwegs kam die Frage nach der Wassertiefe und der Skipper antwortete nach Blick auf die Instrumente mit ca. 50 m.
Resultat : Weinkrampf, Panikattacke
Frau Helicopter rief nun ihre Pubertiere zusammen und machte in der Abgeschiedenheit ihrer Gästekabine eine Panikbuchung im Hotel. Wie sich später rausstellte total überteuert und mieseste Bewertung, aber All-In-Resort. Dies bekamen wir allerdings noch nicht mitgeteilt, sondern nur Familie Helicopter tuschelte untereinander.
Wir kamen uns mal wieder vor wie Personal!
Beim Erreichen der nächsten bereits überfüllten Ankerbucht hielt der Anker wieder nicht sicher und wir fuhren weiter zur nächsten Bucht. Die Buchten vorher, die zum Ankern möglich gewesen wäre, waren alle nicht gut, nicht türkis genug, zu viele Boote, zu tiefes Wasser, zu weit vom Land (Schwoikreis ??) so dass wir schließlich froh waren, dass wir kostenlos am Steg einer Taverne festmachen konnten. Eine Nacht vor Anker in wohlmöglich 8–12 m tiefem Wasser wäre wahrscheinlich zur Katastrophe geworden.
Nach guter Sitte sind wir dann natürlich auch in der Taverne essen gegangen. Die Stimmung war zum Luft zerreißen, es kam während der Abendessen zu ausufernden Diskussionen. Die Kinder wurden mit etwas Bargeld zum Shoppen geschickt und Frau Helicopter teilte uns dann mit, dass man in 2 Tagen ausschiffen und in ein All-In-Resort wechseln würde. Hauptbegründung war, dass wir ja ihre Kinder nicht mögen würden. (nee, die kids waren ok, wenn denn Frau Helicopter mal die kids auch lassen würde und nicht ständig um sie rumschleicht, um welche auch immer gearteten Wünsche jeanniemäßig für sie zu erledigen bzw. sie mit ihren eigenen Ängsten madig zu reden).
Im weiteren Verlauf des Abends wurde uns durch die Gespräche und Nachfragen klar, dass bereits von Deutschland aus die Exit-Lösung All-in-Resort geplant war. Allein die Menge an Rollkoffern und Zusatzgepäck hätte uns stutzig machen sollen.
So saßen wir nun da mit der Entscheidung des Urlaubsabbruchs von Mrs. Helicopter — Personal hat sowas ja zu schlucken. Blöd nur, dass uns dann klar wurde, was wir uns für diese Stippvisite von dann 4 Tagen über Monate hinweg an Arbeit gemacht hatten.
3 Crews aus unserem letzten Winterlager, so wussten wir, waren gemeinsam vor Anker auf Paxos, also der nächsten Insel südlich von Korfu. Wie stellte sich unser Besuch die nächsten 2 Tage auf dem Boot noch vor? Wir mussten ja wieder vom Steg weg auf das gefährliche Wasser und wollten dann vor Anker für die nächsten beiden Tage.
Wir waren bereits mit unseren Nerven am Ende; Bootsurlaub ist keine kostenlose Therapie und wir hatten dann so langsam die Nase voll. Ergo wurde Frau Helicopter auf diesen Umstand hingewiesen und ihr nahegelegt, sie möge bitte das gebuchte Resort anfragen, ob sie 2 Nächte vorher anreisen könnten. Also quasi morgen.
Reaktion: große verweinte Augen mit der Frage “Ihr werft uns von Bord?“
Antwort: “Nein, es war eure Entscheidung den Aufenthalt bei uns abzubrechen. Also behalten wir uns ebenso vor, unsere Pläne zu ändern. Und die lauten, morgen zum Seglertreffen nach Paxos. Außerdem macht ein weiterer 2tägiger Aufenthalt auf dem Boot bei all ihren Ängsten und Regeln um den Umgang mit ihren Kindern keinen Sinn.“
Lange Rede kurzer Sinn: Eigene Recherchen ergaben noch jede Menge freie für ihr Budget geeignete Unterkünfte auf Korfu. Kamen aber wahrscheinlich nach diesem einschneidenden Bootserlebnis nicht infrage. Es wurde das bereits gebuchte Resort storniert (war auch wirklich mies in den Rezensionen) und eines der teuersten Resorts auf Korfu für die dann noch restlichen 12 Übernachtungen gebucht. Das passt auch besser zu denen.
Am nächsten Morgen sind wir dann wieder zurück nach Korfu Stadt motort (Segeln wurde dem Personal untersagt wegen zu gefährlich) und haben dort so nah wie möglich an Land geankert. Es wurde gegen den Protest von Frau Helicopter das Dinghi zuerst mit den “Gästen” beladen, um diese sicher an Land zu bringen. Auf den Einwand (na toll, von Bord geworfen und dann stehen wir ohne Gepäck auf Korfu) hat die Frau des Käptns dann leider einige klare Worte sprechen müssen. Wie war das mit der Sicherheit der Gäste an Bord? Käptns Wort ist Gesetz? Ach das hatten wir ja schon, Frau Helicopter steht über sowas. Nachdem die Gäste dann sicher an Land waren und die zweite Fuhre Gepäck hinterhergebracht wurde, haben wir den Stopp für ein kurzes Bad in der Bucht genutzt haben, sind wir dann weiter nach Paxos zum Treffen.
Fazit: Um einige Erfahrungen als Gastgeber auf der Be Happy reicher. Wir werden daraus entsprechende Konsequenzen ziehen und uns auch erlauben (trotz ewiger Vorbereitung) Besuchern ans Herz zu legen, uns dann doch lieber nicht besuchen zu kommen. Wir tragen Verantwortung für Gäste und genauso dafür, dass eine gemeinsame Zeit unter Crew- und Teamregeln stattfinden. Urlaub auf dem Segelboot ist nix für Mimimis.
Wir sind dabei, eine Fragen- und Antwortenliste und eine klare Crewanweisung für Gäste auszuarbeiten, damit solch ein Erlebnis sich nicht nochmal wiederholt.
Von all dem abgesehen: Unsere Gästekabine ist frei, wir schippern dieses Jahr durch Griechenland und freuen uns über Besuch.
Die ausgearbeitete Fragen-/Antwortenliste und Crewanweisung werden wir in Kürze hier veröffentlichen.
Anmerkung: Aus datenschutzrechtlichen Gründen geben wir diese Erfahrung ohne Nennung von Namen wieder.